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Room 28 Blog. Hannelore Brenner

2. Juni 2021

Ein Beitrag von Bettina P. Oesten, Dänemark

Pit Goldschmidt, geb. am 18. November 1935 in Hamburg,
ist in der Nacht zum 31. Mai 2021 in Hamburg verstorben.

Aus aktuellem Anlass veröffentliche ich einen Beitrag, den Bettina P. Oesten, Mitglied von Room 28 e.V., für die dänische Lokalzeitung "Nordschleswiger" anlässlich des Holocaust-Gedenktages 2019 schrieb. Er erschien am 26. Januar 2019. Pit Goldschmidt war im April 2009 auf Einladung von Room 28 e.V. in Berlin zu Gast.

Aus dem "Nordschleswiger", 26. Januar 2019
„Der Antisemitismus ist das Gerücht über den Juden“

Anlässlich des Internationalen Tages des Gedenkens an die Opfer des Holocaust am 27. Januar sprach der Nordschleswiger in Hamburg mit dem Holocaust-Überlebenden Pit Goldschmidt über den wiedererstarkenden Antisemitismus unserer Zeit und darüber, wie man ihm begegnen sollte . Von Bettina P. Oesten

Hamburg. Man nennt ihn den ältesten Hass Europas. Den Antisemitismus. Bekannte Persönlichkeiten haben ihn offen propagiert, angefangen bei Luther, der mit brutalen Gewaltaufrufen gegen Juden hetzte, über Martin Heidegger, der von „der Verjudung unserer Kultur und Universitäten“ sprach, bis hin zu AfD-Chef Alexander Gauland, der in einer Rede das Nazi-Regime als „Vogelschiss“ der Geschichte abtat. In Deutschland werden Menschen jüdischen Glaubens heute wieder auf offener Straße von Passanten übel beschimpft und bedroht oder wird in den sozialen Medien völlig enthemmt gegen sie agitiert. In Frankreich, dem Land mit der größten jüdischen Gemeinde Europas, entscheiden sich immer mehr Juden für die Auswanderung. Und ausgerechnet in Dänemark, einem Land, das 1943 mehrere Tausend Juden zur Flucht nach Schweden verhalf, haben viele mittlerweile Angst davor, sich öffentlich als gläubige Juden zu erkennen zu geben.

Ich treffe Pit Goldschmidt beim Griechen an der Alster. Das Restaurant hat er sich ausgesucht. Nach jahrelangen Bemühungen habe ich ihn endlich dazu überreden können, mir ein Interview zu geben, seine Medienscheue zu überwinden. Dabei würde seine Lebens- und Leidensgeschichte genügend Stoff für ein Buch liefern.

Ich kann es keinem Menschen zumuten, sich das, was ich zu erzählen hätte, anzuhören.
Als Sohn einer bekannten jüdischen Bankiersfamilie kommt er 1935 in Hamburg zur Welt. Nur wenige Monate alt wird er von seinen Eltern getrennt, verbringt viele Jahre in einem katholischen Kinderheim in München, findet sich irgendwann allein auf der Straße und zweimal im Konzentrationslager Dachau wieder, während sein Vater und drei Halbschwestern in Auschwitz und seine Mutter in Theresienstadt ums Überleben kämpfen. Er und seine Eltern kommen wie durch ein Wunder mit dem Leben davon, seine Halbschwestern nicht. Über seine Erlebnisse in Dachau schweigt er sich größtenteils aus, nur so viel hat er mir über die Jahre verraten: Deutsche KZ-Ärzte nahmen im Häftlingslazarett an ihm medizinische Versuche vor, an deren Spätfolgen er noch heute leidet. Unzählige Operationen musste der 84-Jährige deshalb über sich ergehen lassen, weitere stehen in Aussicht.

"Der Holocaust bleibt ein Leben lang eine zentnerschwere Last. Umso mehr bereitet es mir Sorgen, dass Europa wieder in den Totalitarismus abzudriften droht, siehe Polen, siehe Ungarn",  so Pit Goldschmidt.

"Was dort geschieht, das wünscht sich die AfD für Deutschland auch. Vor allem wünscht sich die AfD eines: Macht, Macht, Macht. Die Zerrissenheit der Altparteien bietet dazu genügend Gelegenheit. In ihrem Machtbestreben machen Leute wie Alexander Gauland und Björn Höcke mal eben so im Handumdrehen den Antisemitismus wieder salonfähig, indem der eine die zwölf Jahre Nazi-Terrorherrschaft als ‚Vogelschiss in der tausendjährigen erfolgreichen deutschen Geschichte‘ bezeichnet und der andere das Holocaust-Mahnmal in Berlin ‚Denkmal der Schande‘ nennt, von ‚dämlicher Bewältigungspolitik‘ spricht und sagt, Deutschland brauche keine toten Riten mehr.

Wenn solche Sätze fallen, gibt es immer einen Aufschrei der sogenannten Anständigen. Den gab es auch, als der Schriftsteller Martin Walser von der ‚Moralkeule Auschwitz‘ sprach oder der frühere Hamburger Bürgermeister Klaus von Dohnanyi in einer Spiegel-Ausgabe meinte, Juden würden aus dem schlechten Gewissen der Deutschen eigene Vorteile schlagen und es missbrauchen, ja manipulieren. Aus solchen Sätzen, ausgesprochen von gebildeten Leuten, spricht immer auch Antisemitismus. Aufschrei hin oder her, der Antisemitismus schwelt immer unter der Oberfläche, und ist er auch noch so subtil.“

Im Grunde würden solche Beispiele zeigen, dass der Holocaust und die Nazizeit in Deutschland bis in die Mitte der Gesellschaft hinein nie restlos aufgearbeitet worden seien, so der gelernte Außenhandelskaufmann weiter. Und das trotz Entnazifizierung, trotz aller ernsthaften Ansätze der Vergangenheitsbewältigung, trotz Endlos-Sendereihen wie ZDF-History über den Nationalsozialismus, die zwar gut und wichtig seien, aber oft zu nachtschlafender Zeit ausgestrahlt würden. Wer bliebe schon so lange wach, um sich die Gräueltaten der Nazischergen anzusehen? Jugendliche, die daraus eine Lehre für die Zukunft ziehen könnten, bestimmt nicht. Die Lehre etwa, dass nur die Erinnerung an Kriege den Frieden zu bewahren helfe. Vor diesem Hintergrund sei es nicht verwunderlich, dass der latent vorhandene Antisemitismus immer wieder seine hässliche Fratze in der Öffentlichkeit zeige, nicht zuletzt befeuert durch geistige Brandstifter und Provokateure wie Gauland, Höcke und Konsorten.

Der Antisemitismus ist das Gerücht über den Juden.
Das Lokal füllt sich immer mehr mit Gästen, die sich fröstelnd und händereibend zu ihren vorbestellten Tischen führen lassen. Es ist kalt in Hamburg. Der Geräuschpegel steigt, am Nachbartisch wird gescherzt und laut gelacht, das macht die Unterhaltung nicht einfacher. Wir befinden uns zum Glück in einem geschützten öffentlichen Raum, in dem mein Gegenüber nichts zu befürchten hat.

Merkwürdig, dass mir überhaupt der Gedanke kommt, er könnte Übergriffen, egal welcher Art, ausgesetzt sein. Es ist doch alles gut – hier beim Griechen an der Alster. Außerdem: Er ist kein Nutzer der sozialen Medien wie Facebook, wenigstens bleiben ihm so die anti-jüdischen Hassparolen und Schmähungen erspart, die heute völlig ungeniert dort skandiert werden: „Niemand schützt euch, ihr werdet alle in der Gaskammer landen“, „Stecht die Juden ab“, „Scheiß Jude!“ „Wir brauchen Hitler!“, „KZ öffnen“ sind nur einige Beispiele von vielen, die aufzeigen, dass bei dem Thema jegliche Schamgrenzen und Hemmschwellen gefallen sind.

Im Zentrum des Social-Media-Antisemitismus stehen meist wilde Gerüchte oder verworrene Theorien von der „jüdischen Weltverschwörung“. Gerüchte, die sich umso hartnäckiger halten, je unwahrscheinlicher sie sind. „Der Antisemitismus ist das Gerücht über den Juden.“ Der Satz stammt von Theodor W. Adorno.

Gerüchte über Juden machten zu allen Zeiten die Runde. Im Mittelalter waren sie Gottesmörder, Brunnenvergifter, Hostienschänder. Heutzutage werfen ihnen Verschwörungstheoretiker z. B. vor, als Drahtzieher hinter der weltweiten Finanzkrise oder den Terroranschlägen vom 11. September 2001 zu stecken. Bei negativen Fehlentwicklungen und immer dann, wenn das Gefühl von unheimlichen Mächten auftaucht oder vorherrscht, werden die Vorurteile oder der Hass gegen sie geschürt, werden die Verbrechen gegen sie geleugnet. Ich werde mich davor hüten, ihm gegenüber die Parolen aus dem Internet zu zitieren. Ich glaube, es ist besser so.

Nach dem Essen einigen wir uns darauf, das Gespräch abzubrechen und es am darauffolgenden Nachmittag in ruhiger Umgebung fortzusetzen. Er braucht eine Verschnaufpause.

Wer weiß schon, ob ich morgen noch da bin.
Am nächsten Tag steigt er zur verabredeten Zeit aus dem Taxi, untergehakt gehen wir zum Steakhouse in der Hafencity, wo um diese Zeit noch wenig Betrieb ist. Er hat schlecht geschlafen, hatte mehrere Stunden lang Schüttelfrost. Sind es unsere Gespräche? Ja, wahrscheinlich. Aber ich soll mir keine Vorwürfe machen. Das sei immer so, wenn er sich intensiv mit dem Thema befasse. Eigentlich vergehe kein Tag, wo er nicht mit dem Thema in der einen oder anderen Weise konfrontiert sei, unser intensiver Austausch ginge ihm aber schon sehr unter die Haut. Lieber abbrechen? „Nein“, sagt er, „wir ziehen das jetzt eisern durch. Wer weiß schon, ob ich morgen noch da bin.“

Er bestellt sich ein saftiges Steak, dazu Pommes und Salat. Eigentlich viel zu viel für ihn, meint er, aber Zuhause hat er keine Lust zu kochen. Seine 97-jährige Nachbarin, fit wie ein Turnschuh, erhält ihn am Leben, kocht für ihn mit, klingelte zuletzt heute Vormittag an seine Haustür, um ihm ein warmes Müsli zu bringen. Sein Schmunzeln geht in ein breites Lachen über. Er lacht oft und gern und viel.

„Die Juden wurden schon immer verfolgt, die jüdische Urangst sitzt ganz tief. Kein Jude möchte das, was im Dritten Reich passiert ist, nochmal erleben. Niemals. Wer nicht Verfolgung am eigenen Leib erfahren hat, wird es nur schwer verstehen.“

Wir sind wieder bei unserem Thema. Antisemitismus. Wie begegnet man ihr, der Judenfeindlichkeit unserer Tage, möchte ich von ihm wissen? Mit Verboten? Sollte man sie unter Strafe stellen, so wie z. B. die Leugnung des Holocaust in vielen Ländern Europas, darunter allen deutschsprachigen, unter Strafe gestellt ist?

Nein, auf keinen Fall, meint er entschieden. Man sollte den Antisemitismus nicht unter Strafe stellen, weil dann der Raum für freie Diskussion eingeschränkt würde. Und ohne öffentliche Diskussion könnte sich heimlich, still und leise etwas entwickeln oder zusammenbrauen, was die Öffentlichkeit zunächst gar nicht mitbekomme und was sich letztlich negativ auf die Gesellschaft auswirken könne. Auch die Diskussion – oder der Versuch eines Dialogs – mit Menschen, die uneinsichtig seien und auf ihre Ansichten beharrten, und seien diese auch noch so abwegig, gehöre dazu.

Wir müssen alle aufstehen, klare Kante zeigen, uns einmischen
„Ich erzähle dir mal ein Beispiel. Einmal saß ich mit meiner damaligen Freundin in einem Restaurant. Am Nebentisch saßen vier Herren, die über Ausländer und schließlich auch über Juden herzogen. Meine Freundin stieß mich die ganze Zeit an und meinte, ich sollte mich auf keinen Fall einmischen. Sie kannte ja mein Temperament. Ich stand aber auf und bin zu den Herren hingegangen, sprach sie an, sagte, ich hätte ihr Gespräch mitbekommen, das hätte sich gar nicht vermeiden lassen. Ich hätte dazu eine Frage, und zwar diese: Wer von Ihnen, meine Herren, ist vor Ihrer Geburt gefragt worden, ob er Deutscher, Engländer, Russe, ob er weiß, gelb, schwarz, ob er Jude, Christ oder Muslim sein möchte.

Dann habe ich noch so ein paar Sachen gesagt, und da konnten sie einfach nicht drauf antworten. Sie haben sich auf keine Diskussion eingelassen, sie haben einfach geschwiegen. Du glaubst gar nicht, wie schön das war. Plötzlich war da Ruhe. Was sie hinterher gesagt haben, weiß ich nicht. Interessierte mich auch nicht. In unserer Gegenwart haben sie jedenfalls keine anti-jüdischen Sprüche mehr geklopft. Nur das hat mich interessiert. Wie hätte ich mich als Jude in der Situation anders verhalten sollen? Für mich war das ganz selbstverständlich. Es sollte aber nicht nur für mich selbstverständlich sein. Wir müssen alle aufstehen, klare Kante zeigen, uns einmischen, wenn es die Situation von uns erfordert. Das sind wir uns selbst und unseren Mitmenschen schuldig.“

Das Steak hat er inzwischen allein verputzt, bei den Pommes darf ich ihm ein bisschen helfen. Er lacht und schiebt den Teller in meine Richtung. „Komm, min Deern, dass du mir ja nicht hungrig nach Hause gehst.“ Nie ist er um einen auflockernden Satz oder Scherz zwischen den schweren Fragen verlegen. Er hat mir immer wieder gezeigt, was es heißt, Haltung und Würde zu bewahren. Auch heute.

Er war nur wenige Monate alt, als ihn seine Eltern kurz nach Erlassung der Nürnberger Rassengesetze zu seinem eigenen Schutz in ein katholisches Kinderheim nach Bayern brachten. Dort sollte er die nächsten Jahre in Sicherheit verbringen, durch unglückliche Umstände kam er dennoch mit acht Jahren zweimal ins Häftlingslazarett nach Dachau und erlebte dort etwas, was er seitdem nicht, oder nur in winzigen Bruchstücken, hat aussprechen können. Medizinische Versuche – aber was das für Versuche waren, darüber kann oder möchte er nicht sprechen. Aus Rücksicht auf seine Zuhörer.

"Ich kann es keinem Menschen zumuten, sich das, was er zu erzählen hätte, anzuhören", sagt er und ringt einen Moment um Fassung.

Pits Eltern - für ihn sind sie Fremde
Zwei Jahre nach dem Krieg lernt er als Zwölfjähriger die letzten fünf Verwandten kennen, die Theresienstadt und Auschwitz überlebt haben, darunter seine Eltern. Für ihn sind sie alle Fremde, er hat sie nie zuvor gesehen. Er muss mit Menschen zusammenleben, die mit ihren Leidensgeschichten und Traumata unfähig sind, sich untereinander auszutauschen. Es herrscht Fassungs- und Sprachlosigkeit – die bis heute anhält. *

Es wird langsam dunkel. Draußen wartet schon das Taxi, das ihn sicher nach Hause bringen wird. Wir gehen zusammen dorthin. Der Taxifahrer macht einen netten Eindruck, sein Passagier wird ihn in ein Gespräch verwickeln, da bin ich mir ganz sicher. Über Politiker ohne Lebenserfahrung, über eine Gesellschaft ohne Vorbilder und Orientierung. Seine Lieblingsthemen. Wird er ihm auch von unserem Gespräch erzählen? Er wirkt nicht so müde wie gestern, ich glaube, er verspürt Erleichterung. Gestern und heute hat er eine wichtige Hürde genommen. Vielleicht schafft er es, auch die nächste zu nehmen – mit einer noch unerzählten Überlebensgeschichte, die seit über siebzig Jahren darauf wartet, niedergeschrieben und gelesen zu werden.

ZITATE:
„Wir müssen alle aufstehen, klare Kante zeigen, uns einmischen, wenn es die Situation von uns erfordert. Das sind wir uns selbst und unseren Mitmenschen schuldig“
Pit Goldschmidt, Holocaust-Überlebender

„Die Juden wurden schon immer verfolgt, die jüdische Urangst sitzt ganz tief. Kein Jude möchte das, was im Dritten Reich passiert ist, nochmal erleben. Niemals.“
Pit Goldschmidt, Holocaust-Überlebender

FOTO:
Der 84-jährige Holocaust-Überlebende Pit Goldschmidt gab vergangene Woche dem Nordschleswiger ein exklusives Interview in Hamburg.

Mit Dank an die Redaktion des Nordschleswiger, die die Veröffentlichung ebenfalls autorisierte und eine PDF Datei zur Verfügung stellt.

* Anmerkung HB: Die Eltern von Pit Goldschmidt waren Käthe Starke und Martin Starke. Käthe Starke wurde 1943 ins Ghetto Theresienstadt deportiert. Ihre Erlebnisse dokumentierte sie u.a. in dem Buch, genannt nach dem Propagandafilm: "Der Führer schenkt den Juden eine Stadt".  Mehr unter:  Käthe Starke-Goldschmidt und Martin Starke

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Nordschleswiger. Pit Goldschmidt. Teil 1 Nordschleswiger. Pit Goldschmidt-2

Blog von Hannelore Brenner

6. März 2025
The story of the betrayal of European democracy by Trump & consorts, the perfidious attempt by Trump & Vance to blackmail the most courageous president I have ever seen in my life, marks – what? The downfall of the Western world? The decline of the US? The beginning of a new era of determined Democrats and a United Europe – or the contrary? An American movement strong enough to stop the monstrous ghosts – or the contrary? I do not know. However, what I have seen end of February was the dirtiest show that has ever been performed in the White House’s Oval Office in front of running cameras and direct worldwide transmission. Some say that Trump and consorts deliberately set up a trap for Selensky to get what they wanted and, if it didn't work, to expose their guest to ridicule and even accusations of being responsible for World War III. What a cynical outrageous allegation. I certainly wished Selensky would not have gone alone into the cave of the lion but with a strong European ally. Nonetheless, Selensky did not fall into a trap. He unmasked the trap and the trappers. I highly appreciate Selensky for being faithful to himself, to his country, to his allies and friends, and for his courage. Last year I published a book about the time before "The Girls of Room 28" were deported to the Theresienstadt ghetto. I wanted to shed light on the Historical Context of their childhood biographies and got increasingly caught up in the events in 1938/1939 in their homelands, Czechoslovakia, which I described in particular detail and vividly. The book is written mainly for teachers and students as part of the Room 28 Educational Project . I put words from Tomáš G. Masaryk , President of Czechoslovakia from 1918-1935 at the beginning of the book, as I realized the parallels with today: “I am a firm pacifist. (...) If I want peace, it does not mean that I would accept an attack without defending myself. On the contrary. I want peace in a practical, not utopian way: which means that in order to preserve peace, I summon all the forces of sagacity and love for the nation and humanity, but if necessary, all forces of defense." Source: Karel Čapek: Masaryk erzählt sein Leben. Gespräche mit Masaryk.
von Hannelore Brenner 1. März 2025
Mir ist, als ob die Vergangenheit, in die ich ab 1996 eingetaucht bin, um die Geschichte der "Mädchen von Zimmer 28" zu erzählen, als Gegenwart gewaltig wie ein Tsunami über mich hereinbricht. Und ich werde gewahr: Nichts hat sich seit 1945 in Deutschland und auf der Welt geändert - auf der einen Seite die Skrupellosen, denen es nur um Macht und ums eigene Ego geht, auf der anderen Seite Menschen, die sich als soziales Wesen begreifen, in denen ein menschliches Herz schlägt. Wie war das damals, 1938, als die Tschechoslowakei von seinen Verbündeten verlassen und verraten wurde? - Wer Geschichte kennt, weiß, was daraus folgte. Thomas Mann. Dieser Friede, 1938 " Die Geschichte des Verrats der europäischen Demokratie an der Tchechoslowakischen Republik , der Darbringung dieses der Demokratie verbundenen und auf sie vertrauenden Staates an den Fascismus, um ihn zu retten, ihn dauernd zu befestigen und sich seiner als eines Landsknechtes gegen Rußland und den Sozialismus zu bedienen, – diese Geschichte gehört zu den schmutzigsten Stücken, die je gespielt worden sind. (…) Erbarmungslos, ungerührt, von zehntausendfachem Menschenelend, von dem Seelenzustand einer tapferen und gläubigen Nation, die für ihre Freiheit und für die Freiheit überhaupt zu kämpfen bereit gewesen war, und von dem Schicksal des deutschen Volkes selbst, seiner geistigen und moralischen Zukunft, wurde dem Gestapo-Staat ein ungeheurer, ihn auf unabsehbare Zeit befestigender Erfolg zugeschanzt, die demokratische Festung im Osten, die Tschechoslowakische Republik vernichtet und bewusst zu einem geistig gebrochenen Anhängsel des Nationalsozialismus gemacht, die kontinentale Hegemonie Hitler-Deutschlands besiegelt, Europa in die Sklaverei verkauft. Das Entgelt war dieser Friede. (...) Wahrheit und Vernunft mögen im Äußersten unterdrückt sein für eine schwarze Weile - in uns bleiben sie ewig frei (...) im sicheren Bunde mit allen Besten.
von Hannelore Brenner 24. Februar 2025
Today three years ago, on February 24, 2022, Ukraine was occupied and attacked by Russia. Our Brundibár. Reading- and Gift Project for children is rooted in this fatal event and in all that followed from it until today. The book is our sign of solidarity - a sign of the association Room 28 e.V. and me, author of the book and publisher of Edition Room 28. The Ukrainian edition of the children's book Brundibár. How Aninka and Pepíček defeated the organ grinder was published at the beginning of 2023. Then came October 7, 2023. We created another sign of solidarity: the Hebrew edition of the children's book. It will be published soon, in March 2025. In the frame of our Brundibár. Reading and Gift Project for children we give the books as gifts to Ukrainian and JHebrew-speaking children. In my Epilogue for the Hebrew edition you can learn about our motives. In this edition the accompanying texts are in both languages, Hebrew and German. Excerpt from the Epilogue . „He who fights for justice is our friend". In 1996, I began my research for a radio feature on the history of the first performances of the children's opera “Brundibár” in Prague and Theresienstadt. I was prepared for the fact that it would be depressing for my interviewees to be reminded of their time in the Theresienstadt ghetto. But then there were moments that amazed me. The keyword Brundibár worked like a magic formula that paved a path through the dark, agonizing memories and hit me right in the heart. Brundibár - for many of the former Terezín children, it was “a light in the darkness”. (...) After having seen a performance, Eva Landa always went back to the Girls' Home L 410, Room 28 and hoped that she would be able to experience the opera again. “I wanted to hear the lullaby again. I wanted to rejoice once more at how Brundibár is defeated and I wanted to sing with the choir once more: He who fights for justice is our friend. One of my very good friends who is deeply connected to Brundibár is the opera director Mstislav Pentkovsky . He staged the opera on several Russian stages and opera-houses such as the Mariinsky Theatre. He gave the idea for the Ukrainian and now the Hebrew edition. Here are his motifs :
von Hannelore Brenner 22. Februar 2025
Heute vor drei Jahren, am 24. Februar 2022 , wurde die Ukraine von Russland besetzt und angegriffen. Darin wurzelt unser Brundibár- Lese-und Geschenkprojekt für Kinder . Es ist unser Zeichen der Solidarität - ein Zeichen des Vereins Room 28 e.V. und mir, Autorin und Herausgeberin der Reihe Edition Room 28 und Vorstand und Projektleiterin ders Vereins. Die ukrainische Ausgabe des Kinderbuches Brundibár. Wie Aninka und Pepíček den Leierkastenmann besiegten erschien Anfang 2023. Dann kam der 7. Oktober 2023. Wir schufen ein weiteres Zeichen der Solidarität: die hebräische Ausgabe des Kinderbuches. Es kommt im März 2025 heraus. Mit dem Brundibár-Kinderbuch verbinden wir das Brundibár. Lese- und Geschenk-Projekt für Kinder . Wir verschenken die Bücher an ukrainisch und hebräisch-sprachige Kinder. Wie es dazu kam, geht aus meinem Nachwort für die hebräische Ausgabe hervor. Die Begleittexte sind darin sowohl in Hebräisch wie auch in Deutsch. Nachwort . „Wer für das Recht kämpft, ist unser Freund“ Im Jahre 1996 begannen meine Recherchen für ein Hörfunkfeature über die Geschichte der ersten Aufführungen der Kinderoper „Brundibár“ in Prag und Theresienstadt. Ich war darauf vorbereitet, dass es für meine Gesprächspartner bedrückend sein würde, an die Zeit im Ghetto Theresienstadt erinnert zu werden. Doch dann gab es Momente, die mich zum Staunen brachten. Das Stichwort Brundibár wirkte wie eine Zauberformel, die einen Pfad durch das dunkle, qualvolle Erinnern zu bahnen vermochte und mitten ins Herz trifft. Brundibár – das war für viele der einstigen Theresienstädter Kinder „ein Licht in der Dunkelheit“. (...) Eva Landa ging jedes Mal nach einer Aufführung zurück ins Mädchenheim L 410, ins Zimmer 28 und hoffte, dass sie die Oper noch einmal erleben könnte. "Ich wollte das Wiegenlied wieder hören. Ich wollte mich noch einmal darüber freuen, wie Brundibár besiegt wird und wollte noch einmal gemeinsam mit dem Chor singen: Wer für das Recht kämpft, ist unser Freund. Einer meiner Freunde, der mit Brundibár sehr verbunden ist, ist der Opernregisseur Mstislav Pentkovsky. Er inszenierte die Oper mehrmals auf russischen Bühnen. Er gab die Idee zur ukrainischen und nun zur hebräischen Ausgabe. Hier sind seine Motive:
von Hannelore Brenner 29. Januar 2025
Die Vorveröffentlichung des einleitenden Kapitels der im April 2025 erscheinenden Neuausgabe des Buches Die Mädchen von Zimmer 28 auf meiner Website ist mein persönliches Statement als Autorin angesichts dessen, was am 7. Oktober 2023 und danach geschah, und meine Antwort auf die schockierende Spaltung in unserer Gesellschaft sowie ein Echo meiner im Kern erschütterten Seele. Am 27. Januar 2025 startete ich mit einem Statement die Vorveröffentlichung des umfassend überarbeiteten, erweiterten und aktualisierten Buches, das 2004 erstmals im Droemer Verlag erschien. Es war das Ergebnis des gemeinsamen Erinnerungsprojektes mit Überlebenden aus Theresienstadt und Auschwitz. Im gleichen Jahr erblickte die gleichnamige Ausstellung das Licht der Welt. Buch und Ausstellung wurden Teil der europäischen und der brasilianischen Erinnerungskultur. Für mich ist es zur Lebensaufgabe geworden, das Vermächtnis dieser Mädchen lebendig zu halten. Nun ist es für mich ein Gebot der Stunde, weitere Verbündete zu finden, die dazu beitragen, die Geschichte dieser Mädchen aus Theresienstadt weiterzuerzählen. Ich freue mich, dass ich auf eine kommende Lesung hinweisen kann: Die "Stiftung gegen Extremismus und Gewalt in Heide und Umgebung" veranstaltet am 6. Februar unter dem Titel: Mein Theresienstädter Tagebuch 1943-1944" eine Lesung Es ist diese Stiftung und ein privater Förderer, der es mir möglich machte, das Buch in neuer Form und mit neueren Inhalten neu zu publizieren.Hier gehts zum dritten Teil der Vorveröffentlichung:
Neuausgabe des Buches
von Hannelore Brenner 27. Januar 2025
Am 27. Januar 1943 notierte Otto Pollak aus Wien in sein Kalendarium: " 4 h nachmittags Übersiedlung Helgas ins Mädchenheim L 410. Mein Umzug ins Invalidenheim L 231. Ankunft des Co-Transportes aus Ungarisch-Brod - 1.000 Personen." Zwei Tage später schildert die 12-jährige Helga Pollak diesen Augenblick in ihrem Theresienstädter Tagebuch: "Ich bin eingezogen ins Mädchenheim. Es ist ein sonniges Zimmer im Gebäude der ehemaligen Kommandantur. Das Haus liegt neben der Kirche, unsere Fenster gehen auf den Hauptplatz. Ich könnte immer aus dem Fenster schauen, weil ich schöne Berge sehe (Mittelböhmisches Gebirge, den Berg Milešovka). Wenn es klar ist, sieht man auf einem Berg ein Kreuz und auf einem anderen eine Burg. - Die Mädchen haben keinen guten Eindruck auf mich gemacht. Als ich ihnen sagte, dass ich zu ihnen ziehe, baten sie die Betreuerin, mich anderswo unterzubringen. Die Betreuerin hat es versucht, doch es ging nicht. Ich schlafe auf einer Matratze im mittleren Teil der dreistöckigen Pritschen. Alles drückt mich. Ich bin sehr müde, deshalb höre ich auf zu schreiben." Heute am 27. Januar 2025 beginne ich die passagenweise Vorveröffentlichung des einführenden Kapitels der gründlich überarbeiteten, erweiterten und aktualisierten Neuausgabe des erstmals 2004 erschienenen Buches Die Mädchen von Zimmer 28 . Es ist meine Stimme angesichts dessen, was am 7. Oktober 2023 und danach geschah. Es ist mein Beitrag angesichts der erschreckenden Spaltung in unserer Gesellschaft und der Erschütterung der Holocaust-Erinnerungskultur, die für mich zu einer Herzensangelegenheit geworden ist. Es ist meine mir gegenwärtig einzig mögliche Art der Teilnahme am gesellschaftlich-politischen und demokratischen Diskurs und Dialog. Ich tue es im Geiste der "Mädchen von Zimmer 28" und für die Werte, Hoffnungen und Ziele, die unser Room Erinnerungsprojekt ausmacht. Ich tue es, weil es mir zur Lebensaufgabe wurde, das Vermächtnis dieser Mädchen zu bewahren, lebendig zu halten und es jungen und zukünftigen Generationen zu vermitteln - im Interesse einer besseren Welt.
von Hannelore Brenner-Wonschick 17. Dezember 2024
Die Edition Room 28 und der Verein Room 28 e.V. suchen für das Brundibar. Lese- und Geschenk-Projekt für Kinder einen Mitveranstalter für eine Auftaktveranstaltung. Im Rahmen der Vereranstaltung verschenken wir an unsere jungen Gäste das Brundibár-Kinderbuch in der ukrainischen und hebräischen Ausgabe, die wir dank Förderung durch das Auswärtige Amt als Zeichen der Solidarität mit der Ukraine und mit Israel herstellen konnten. Auch das deutsche Buch wollen wir Kindern schenken. Das Projekt steht unter der Schirmherrschaft des Generalmusikdirektors der Bayerischen Staatsoper in München Vladimir Jurowski . Das Motto des Projektes ist: Freundschaft, Gerechtigkeit, Menschlichkeit und Solidarität ist die Quelle unserer Kraft. Für unsere Veranstaltung suchen wir einen Mitveranstalter: Kindertheater, Schulen, Musikschulen etc. - mit Bühne, Klavier und mit einem Netzwerk zu Kindern. Mehr zum Projekt auf www.room28.net. Bei Interesse bitte schreiben an: hannelore.brenner@room28.net
von Hannelore Brenner-Wonschick 17. Dezember 2024
Die Edition Room 28 und der Verein Room 28 e.V. bereiten fürs Frühjahr 2025 ein "Brundibár. Lese- und- Geschenkprojekt für Kinder " vor. Im Rahmen der Auftaktveranstaltung schenken wir Bücher der deutschen, ukrainischen und hebräischen Ausgabe des Kinderbuches Brundibár. Wie Aninka und Pepíček den Leierkastenmann besiegten an unsere jungen Gäste. Das Projekt steht unter dem Motto: Freundschaft, Gerechtigkeit, Menschlichkeit und Solidarität ist die Quelle unserer Kraft und unter der Schirmherrschaft des Generalmusikdirektors der Bayerischen Staatsoper in München Vladimir Jurowski . Interesse am Buch und unserem Projekt? Dann b estellen Sie einfach das Weihnachtsangebot der Edition Room 28 und Sie erhalten zur deutschen Ausgabe des Kinderbuches ein Freiexemplar der ukrainischen Ausgabe, eine CD mit dem historischen Hörfunkfeature Brundibár und die Kinder von Theresienstadt aus dem Jahre 1999 mit Erinnerungen der Überlebenden an die Prager und Theresienstädter Aufführung sowie Informationen zum multimedialen Room 28 Erinnerungs- Kultur- und Bildungsprojekt , für das der Name "Room 28" steht.
Anna Hanusová und Alice Herz-Sommer
von Hannelore Brenner 26. November 2024
Einundzwanzig Jahre ist es her! Es war der 26. November 2003 , der 73. Geburtstag von Anna Hanusová, geb. Flachová, "unserer Flaška" , und der 100. Geburtstag der Pianistin Alice Herz-Sommer , als ich mit Flaška nach London flog, um an der Feier zum 100. Geburtstag von Alice dabei zu sein. In einer rührenden Szene, die für unser Room 28 Erinnerungsprojekt mit der Kamera festgehalten wurde, dankt Flaška Alice für "die lebenslange Inspiration". Warum? Das steht in dem Buch: Die Mädchen von Zimmer 28 : "Die Chopin-Etüden von Alice Herz-Sommer machten einen so tiefen Eindruck auf mich, dass ich mir an diesem Abend vorgenommen habe, auch Pianistin zu werden. Und ich bin es geworden." - Ich werde diesen Moment nie vergessen. Es war das erste Mal nach dem Krieg, dass Flaška Alice wiedertraf. Die Verbundenheit ist zu spüren, in unserem Film und auf diesem Foto, mit dem ich heute an die beiden wunderbaren Frauen, die in meinem Herzen weiterleben, erinnern möchte.
von Hannelore Brenner 4. November 2024
Today is the 93rd birthday of Handa Drori, née Pollak, one of the "Girls of Room 28". She is the only one of this group of Theresienstadt friends who is still with us, living in Israel. I am so happy I could talk to her over the phone tonight and convey her my birthday wishes. I remembered her words into Flaška's scrap-book (Poesiealbum) in which she once wrote: "Always remember, dear Flaška, that there were times in Theresienstadt when we lived lazily through each day and never gave up hope that peace will come." - Peace came, but there was no reason for joy. Then and Now. After the war Handa wrote down these words: All of you Nameless ones and Friends you live with us in the Old Castle of Rremembrance You are with us because we think of you. Her spirit and the spirit of her friends is interwoven in all publications of Edition Room 28, as it was their desire that gave rise to all our joint projects since 1998 with the book, the exhibition and the play that was published 20 years ago in 2004. In their interest, our non-profit association Room 28 was founded in 2007, which led to a wonderful network of friends and supporters and has brought forth many new projects in their honor and in their memory. Today I would like to take Handa's birthday as an opportunity to thank our friends who have supported and accompanied the project with and about “The Girls of Room 28” over the years. May the spirit of these girls who were committed to share their experiences, values and hopes with us and the younger generations live on and inspire to humanity, solidarity and friendship and peace. My friends and me strive to do it with our new Brundibár-project: www.room28.net
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