Für Buchhändler: Verlags-Nummer: 5245445
Herausgeberin der Edition Room 28: Hannelore Brenner-Wonschick, Berlin
116 Seiten, schwarz-weiss
Mit Abbildungen von Bedřich Fritta
Erscheinungsdatum:
1. September 2020
ISBN 978-3-9819140-1-6
Was im Mikrokosmos Zimmer 28, Mädchenheim L 410 im Ghetto Theresienstadt geschah, bringt dieses Musik-Theaterstück, das auf den Erlebnissen einer Gruppe jüdischer Kinder beruht, zum Klingen – auch die Lieder, die sie gesungen haben. International bekannt wurde die Geschichte durch das Buch und die Ausstellung Die Mädchen von Zimmer 28 und durch das authentische Tagebuch der 12-14jährigen Helga Pollak, erschienen bei Edition Room 28 unter dem Titel "Mein Theresienstädter Tagebuch 1943-1944".
Das vorliegende Theaterstück basiert auf der authentischen Geschichte der Mädchen von Zimmer 28, L 410 Theresienstadt. Es ist das Ergebnis vieler Gespräche, die ich zwischen 1996 und 2002 mit einer besonderen Gruppe von Überlebenden des Ghettos Theresienstadt und weiteren Holocaust-Überlebenden führte – in den USA, in Israel, in Tschechien, Deutschland und Wien und während unserer jährlichen Treffen im Herbst im tschechischen Urlaubsort Špindlerův Mlýn/Spindlermühle im Riesengebirge.
Dort, während unserer vielen Gespräche und Workshops, wurde ich Zeugin und Teilnehmerin zugleich einer Erinnerungsarbeit, die mit jedem weiteren Zusammensein an Intensität und Lebendigkeit gewann. Eine Passage aus Helgas Tagebuch, Worte aus Flaškas Poesiealbum, ein Gedicht aus Handas Notizbüchlein, ein Foto, eine Kinderzeichnung – auf einmal wurde Vergangenes zur Gegenwart, greifbar nahe auch für mich, die ich durch diesen stream of consciousness mitgerissen wurde ins Zentrum einer Geschichte, die mich bis heute nicht mehr loslassen sollte.
Die meisten Szenen und Dialoge, die in diesem Theaterstück verwoben sind, haben ihren Ursprung in diesen ersten jährlichen Treffen. Das Theaterstück, das entstand, war mein erster Versuch, den Stoff in eine künstlerische Form zu gießen.
Allerdings – das Skript fühlte sich nie „fertig“ an. Schon beim Schreiben hörte ich immer wieder Musik. Musik spielte im Zimmer 28 eine bedeutende Rolle, dank der Betreuerin Ella Pollak (Tella), Pianistin und Musikpädagogin. Mit ihren Schützlingen gründete sie einen Chor und mit drei der Mädchen – Flaška; Ela und Maria – ein Trio. Der Gesang drang oft hinaus auf den Hauptplatz. Es ist überliefert, dass Passanten vor dem Haus stehen blieben, um den Stimmen der Mädchen zu lauschen.
Oft drang auch Musik hinauf ins Zimmer 28. Sie kam vom Kellerraum des Mädchenheims, wo Rafael Schächter mit seinem Chor probte – Mozarts Bastien und Bastienne, Smetanas Verkaufte Braut oder, unvergesslich, Verdis Requiem. Ab Sommer 1944 kam die Musik vom neu errichteten Pavillon auf dem Hauptplatz, direkt vor dem Mädchenheim, wo meist die Stadtkapelle, manchmal auch die Ghettoswingers spielten.
Auch bei Gedichten – Handa Drori, geb. Pollak, schrieb wunderbare Gedichte in ihr Theresienstädter Notizbüchlein – oder bei bestimmten Szenen hörte ich im Geiste Musik; nicht zuletzt natürlich bei Szenen, die mit der Kinderoper Brundibár zu tun haben. Ich war mir bewusst: Nur ein Musiktheaterstück würde dem Stoff gerecht werden.
Aber wie all dies auf Papier bringen was mir vorschwebte, was ich zwischen den Zeilen hörte und heute noch höre? Allein, ohne einen Regisseur oder Regisseurin, ohne Komponisten oder Komponistin, ohne ein Ensemble mit dem entschlossenen Willen, die Geschichte auf die Bühne zu bringen? – Ich legte das Manuskript beiseite. Und konzentrierte mich auf das Buch, das im Frühjahr 2004 beim Droemer Verlag erschien. (...)
Ich widme das Theaterstück insbesondere auch dem Andenken an Helga Pollak-Kinsky, die am 14. November 2020 in Wien ganz unerwartet und jäh aus dem Leben gerissen wurde. Die deutsche Ausgabe vom September 2020 hatte Helga als erste in den Händen gehalten und sofort gelesen, und ich bin froh sagen zu können, dass sie dieses weitere „Steinchen der Erinnerung“ sehr schätzte.
Möge dieses Theaterstück und Szenenbuch viele Menschen inspirieren, auf dass die Geschichte dieser Mädchen im Medium des Theaters, der Musik und des Films an vielen Orten und noch lange in der Zukunft erklingen und weiterzählt wird.
Hannelore Brenner. Berlin, Dezember 2020