von Hannelore Brenner-Wonschick
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30. April 2024
Heute vor zehn Jahren, am 30. April 2014, ist die Seele des Room 28 Erinnerungsprojektes, Anna Hanusová, geb. Flachová, die ihre Freundinnen „Flaška“ nannten, von uns gegangen. - Heute habe ich für eine neue Publikation den Druckauftrag erteilt, und ich würde so gerne diese Publikation Flaška in die Hand drücken!!! Wie oft habe ich mit ihr darüber gesprochen, wie es früher war, ehe sie Ende November 1941 ins Ghetto Theresienstadt deportiert wurde. Nur ein wenig erfährt man hierüber in dem Buch Die Mädchen von Zimmer 28 . Denn im Fokus dieses Buches steht das Ghetto Theresienstadt und das Schicksal dieser Mädchen. In der neuen Publikation, einem neuen Modul zum Room 28 Bildungsprojekt, ist das anders. Ich schildere den historischen Kontext, in dem diese Mädchen heranwuchsen. Es zeigt auf, wie sich die entscheidenden Ereignisse der Jahre 1938 bis 1942 in dem, was diese Mädchen erlebten, widerspiegeln, und macht durch die Verflechtung von politischem Geschehen und individuellem Erleben ein Kapitel deutsch-tschechischer Geschichte zur Zeit des „Protektorats Böhmen und Mähren“ erfahrbar. Was geschah in der Tschechoslowakei, der Heimat fast aller dieser Mädchen, als ihr Leben aus der Bahn geriet? Was wissen junge Menschen in Deutschland heute über die entscheidenden Ereignisse und Daten, die das Leben dieser Mädchen bestimmten: 12. März 1938 (Annexion Österreichs), September/Oktober 1938 (Münchner Abkommen und Okkupation des Sudetenlands), 15. März 1939 (Okkupation der „Rest-Tschechei“ und Errichtung des „Protektorats Böhmen und Mähren“? Was wird heute darüber an Schulen gelehrt? Auch in Bezug auf die Kinderoper Brundibár, die meist einzig unter dem Aspekt "eine Oper aus Theresienstadt" gesehen wird, habe ich mich oft gefragt: Wie war das in den Jahren davor, ehe Brundibár ab Juli 1943 in Theresienstadt geprobt wurde? Was erlebten die Urheber dieses musikalischen Werkes im Jahr 1938 in Prag, dem Entstehungsjahr der Oper? Welche Ereignisse beeinflussten den schöpferischen Prozess? Welche Ideen könnten sich daraus für die Gestaltung der Oper ergeben haben? Die neue Publikation der Edition Room 28 gibt Antworten auf solche Fragen. Entstanden ist ein Kapitel zur deutsch-tschechischen Geschichte, das im Schatten deutscher Geschichtsschreibung und deutscher Lehrpläne steht. Dass dabei die Jahre 1938/1939 einen größeren Raum einnehmen als geplant, ist weniger der Vergangenheit als unserer Gegenwart geschuldet, die mit dem 24. Februar 2022 begann. Daher ist diese Broschüre auch ein Beitrag zum gegenwärtigen Diskurs um Krieg und Frieden. Bei der Arbeit an diesem Modul Historischer Kontext habe ich immerfort an Flaška und ihre Freundinnen gedacht. Heute ist mir ein Felsbrock vom Herzen gefallen, als ich endlich für diese Publikation grünes Licht geben konnte. Im Geiste übergebe ich sie dir, liebe Flaška. Denn vieles von dem, was du mir erzählt hast, ist darin eingeflossen. Wer es bestellen möchte, kann es bestellen .