Ziel

Ziel und Vision


Seitdem ich mich 1996 mit einer Gruppe von Überlebenden des Holocaust verbündete, habe ich ein Ziel vor Augen, gemeinsam mit ihnen ein bleibendes Gedenken zu schaffen. So entstanden das Buch, die Ausstellung und das Theaterstück (2004) Die Mädchen von Zimmer 28 und alles was folgte. Das Room 28 Erinnerungsprojekt bewegte und bewirkte vieles auf internationaler Ebene. Und tut es heute noch.


Und doch - das Ziel ist noch nicht erreicht. Die Vision ist immer noch reine Vorstellung: Ich sehe einen Raum vor mir, gewidmet dem "Vermächtnis der Mädchen von Zimmer 28". Darin die Ausstellung als visueller Kristallisationspunkt des Bildungsrprojektes mit all seinen Elementen und Modulen, die es bereits gibt und die noch entstehen. Ich sehe ein Haus vor mir, in dem die Ausstellung fest verankert ist und Ausstellungstafeln, die in Schulen gezeigt und genutzt werden. Ich sehe eine Ausstellung mit Audio- und Filmstationen und mein Medienarchiv erschlossen zur Nutzung in pädagogischen, künstlerischen und kulturellen Bereichen - im Interesse einer besseren Welt und besseren Zukunft.


All dies erhoffe ich heute noch. Warum? Das Kompendium zum Bildungsprojekt gibt hierüber Auskunft. Es enthält wichtige Aussagen der Überlebenden. Sie stehen auf zwei Seiten, die Sie gerne downloaden können.

Aussagen der "Mädchen von Zimmer 28"

Room 28. Symbol und Programm

Room 28, das Zimmer 28 im Mädchenheim L 410 im Ghetto Theresienstadt - das bedeutet für mich eine Keimzelle der Menschlichkeit -  ein Symbol und ein Programm zugleich. Denn von diesem Ort geht, allem Unglück zum Trotz, ein positives Signal aus: die Aufforderung, die existentiellen Leistungen, humanistischen Ideale und Werte zu reflektieren und Begriffe wie Menschlichkeit, Solidarität, Kunst und geistiger Widerstand mit Leben zu füllen. Was im Mikrokosmos Zimmer 28 dank engagierter Erwachsener - Pädagogen, Lehrer, Künstler - geschah und sich durch die Überlebenden und durch die überlieferten Zeugnisse manifestiert, lässt erahnen, welch' elementare Bedeutung kulturellem Schaffen, künstlerischen Leistungen und humanistischen Werten zukommt, welche Kraft Kunst und Kultur zu entfalten vermögen im Ringen um Selbstbehauptung, um die Behauptung der eigenen Identität und Würde.

Abbildung: Flagge der "Mädchen von Zimmer 28" mit ihrem Symbol, dem "Ma'agal" (hebräisch für Kreis, im übertragenen Sinne: Vollkommenheit). Das war das Ideal, nach dem die Mädchen strebten.

Aus der Neuausgabe des Buches Die Mädchen von Zimmer 28

Es erscheint im April 2025. Der nachfolgende Text ist Teil der abschließenden Gedanken am Ende des Buches.

Das einleitende Kapitel finden Sie unter Statement und Einblick

Was bleibt

Was bleibt – 28 Jahre, nachdem ich Flaška und Helga zum ersten Mal in Prag getroffen habe. Zwanzig Jahre, nachdem die Erstausgabe des Buches Die Mädchen von Zimmer 28 erschien und die gleichnamige Ausstellung erstmals eröffnet wurde. Vieles ist daraus entstanden, vieles ist in den Jahren, die folgten, geschehen. Daraus formten sich Erinnerungen, die unvergesslich bleiben. Und doch vergänglich sind.

 

Heute sind es mehr als zehn Jahre her, dass Flaška im April 2014 von uns gegangen ist. Es sind mehr als vier Jahre her, dass Helga uns im November 2020 verließ und kaum ein Jahr, dass Evelina (Eva Landa) im Februar 2024 zu Grabe getragen wurde. Heute weiß ich, wie schwer es ist, die Erinnerungen dieser Frauen und die damit verbundenen Werte und Ideale, die sie als ihr Vermächtnis an gegenwärtige und zukünftige Generationen weitergeben wollten, lebendig zu halten – ohne sie.

 

Heute weiß ich, dass Erinnerungen vom tobenden Meer der Zeit mitgerissen werden, dass sie sich zu Millionen von Erinnerungstropfen – „Memory Drops“ heißt ein Film über die „Mädchen von Zimmer 28“ – zusammentun oder abspalten, sichtbar oder unsichtbar weiterwirken oder wie Treibgut auf den Wellen des Meeres dahintreiben, bis sie sich auflösen oder ans Ufer gespült werden. Und dann?

 

„Menschen werden geboren, kommen zu uns und gehen, lösen sich auf in der Erde, in der Luft oder im Meer. Dann ist alles weg, nur die Erinnerung nicht.“ Diese Worte aus dem Buch des Autors Sam Dann kommen mir immer in den Sinn, wenn ich an den Tod denke. Denn sie münden in einen Gedanken, der einen Aspekt des Erinnerns erhellt, der weit über das Mantra des „Nie wieder“ hinausgeht: „How we are remembered will determine the fates of those who follow.“ Oder in meinen Worten: Die Art des Erinnerns formt das Schicksal derer, die nach uns kommen.“ 

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