Einführendes Kapitel in die Neuausgabe des Buches "Die Mädchen von Zimmer 28 "
©Hannelore Brenner. Edition Room 28. Erscheinungsdatum April 2025
Einführendes Kapitel in die Neuausgabe des Buches "Die Mädchen von Zimmer 28 "
©Hannelore Brenner. Edition Room 28. Erscheinungsdatum April 2025
Rückblick, 2024 (1)
Achtundzwanzig Jahre sind vergangen, seitdem ich 1996 Überlebende des Zimmers 28, L 410 Theresienstadt im Rahmen von Recherchen für ein Radiofeature über die Kinderoper ≫Brundibár≪ in Prag kennenlernte und mich bald darauf mit ihnen verbündete, um deren Wunsch zu unterstützen: ein ≫Gedenkbuch≪ zu verfassen, gewidmet den Mädchen von Zimmer 28 und den Kindern von Theresienstadt, die im Holocaust ermordet wurden; auch um der Erwachsenen – Betreuer, Pädagogen, Künstler – zu gedenken, die sich in Theresienstadt liebevoll ihrer angenommen hatten und ihnen Werte vermittelten, die tragend wurden für ihr Leben.
Ausgegangen war die Initiative von Anna Hanusová/Brünn und Helga Kinsky/Wien. Bewogen dazu haben vor allem zwei wertvolle Dokumente: das Poesiealbum von Anna und das Theresienstädter Tagebuch von Helga. Wer diese Dokumente kennt, versteht, warum sie für die beiden Freundinnen zur Aufforderung wurden, etwas zu tun, um an die ermordeten Freunde zu erinnern und jenen Geist lebendig zu halten, der sich in diesen und weiteren Dokumenten aus Theresienstadt – Briefe, Gedichte, Aufsätze, Zeichnungen, Vorträge – manifestiert und spürbar macht, wie sehr die Erwachsenen sich bemühten, den Kindern in Zeiten der Auflösung menschlicher Werte einen Halt und eine Orientierung zu geben und sie ≫vor der Entwertung des Guten zu retten≪.
Ich sehe es noch vor mir, wie Anna Hanusová bei meinem ersten Besuch in Brünn ihr Poesiealbum hervorholt, darin blättert und von ihren Freundinnen zu erzählen beginnt, die einst mit ihr im Zimmer 28 des Mädchenheims im Ghetto Theresienstadt lebten. Das ist von meiner Freundin Eva Fischl. Als sie auf Transport gehen musste, schrieb sie mir diese Zeilen ins Album: ≫Wenn du einmal in Brünn einen Fisch essen wirst, erinnere dich, dass in Theresienstadt auch ein Fischl war. Deine Eva Fischlová. Fiška≪ – Fiška ist in Auschwitz ermordet worden.
Ruth Schächter, von allen Zajiček (tschechisch für Häschen) genannt, schrieb ihr ins Album: ≫Vergiss nicht die, die das geschrieben hat und dich treu geliebt hat. Deine...≪; dann malte sie eine Hasenmutter mit sieben kleinen Hasen, gefolgt von der Frage, die mit acht Fragezeichen schloss: ≫Liebe Flaška: Ob du dich immer daran erinnern wirst, wer neben dir gelegen hat?? Und deine gute Freundin war????????≪