Room 28 Blog. Hannelore Brenner
30. April 2022
30. April 2022. Zum achten Todestag von Anna Hanusova (1930-2014)

Heute am 30. April jährt sich der achte Todestag von Anna Hanusová, geb. Flachová, die Seele des Projektes mit und über „Die Mädchen von Zimmer 28“. Seither vergeht kein Tag, an dem ich nicht an sie denke. Sie ist verwoben in das, wofür sie und ihre Freundin Helga Kinsky, geb. Pollak (1930-2020) angetreten waren, und was mir als ihre Verbündete seit 1996 zur Lebensaufgabe und Herzensangelegenheit wurde – die Erinnerung an die „Mädchen von Zimmer 28“, die im Holocaust ermordet wurden, wachzuhalten. Und dies nicht um der bloßen Erinnerung willen, sondern weil sie damit einen Wunsch und eine Hoffnung verbanden, in den Worten von Anna Hanusová, "dass mit der Erinnerung an unsere Freundinnen und an die wunderbaren Menschen, die sich um uns Kinder kümmerten, auch jene menschlichen Werte weiterleben, die für uns so wichtig wurden: Toleranz, Mitgefühl, Bildung, Kultur, Freundschaft und Liebe."
Als Anna, die von ihren Freundinnen Flaška genannte wurde, am 7. Mai 2014 in Brünn zu Grabe getragen wurde, war ich nicht dabei. Noch heute denke ich mit einer Mischung aus Schuldgefühl, Wehmut und Trauer daran. War es richtig, mit ihrer besten Freundin Helga Kinsky nach Klagenfurt zu fahren, wo man uns an diesem Tag für eine Lesung im Robert-Musil-Institut erwartete? War es richtig, nachzugeben, als mir Helga erklärte, sie könne nicht nach Brünn fahren, es würde ihr das Herz zerreißen und lieber führe sie mit mir nach Klagenfurt?
Helga und ich waren an jenem 7. Mai 2014 in Klagenfurt. Helga las aus ihrem Theresienstädter Tagebuch. Ich verband wie immer bei unseren Lesungen erzählerisch ihre Aufzeichnungen mit dem Geschehen im Zimmer 28 und in Theresienstadt. Natürlich haben wir bei der Reise und bei der Veranstaltung immer an Flaška gedacht; auch bei allen weiteren Veranstaltungen und Gesprächen.
Ohne Flaška, das wissen alle, die um die Anfänge des Projektes wissen, ist das Erinnerungsprojekt mit und über „Die Mädchen von Zimmer 28“ nicht denkbar. Sie ist die Initiatorin und die Seele des Ganzen. Was ich als Autorin hervorgebracht habe – das Buch, die Ausstellung, das Theaterstück, das Room 28 Bildungsprojekt – alles wurde von ihr inspiriert. Von Flaška und ihrem Poesiealbum; von Helga und ihrem Tagebuch. Auch von der Kinderoper Brundibár, die mich auf die Spuren der beiden Freundinnen gebracht hatte.
Damals, 1996, bei unseren ersten Begegnungen und Gesprächen, ist etwas für mich ganz Tiefes und Entscheidendes geschehen; etwas, das mich antrieb, vorantrieb und immer noch vorantreibt - kein Ende in Sicht; und doch ein Ende suchend. Zu viel hat sich in den letzten acht Jahren grundlegend verändert. Eine Transformation ist im Gange.
Sicherlich, das Versprechen, das ich Flaška und Helga vor 26 Jahren gab, dabei zu helfen, ein bleibendes Gedenken zu schaffen, hat mich ständig vorangetrieben, auch dann noch, als das Buch "Die Mädchen von Zimmer 28" im Droemer Verlag erschien und im gleichen Jahr die gleichnamige Ausstellung entstand; auch das Manuskript eines Theaterstücks lag vor, Aufführungen folgten. Trotzdem – bis heute herrscht das Gefühl vor, das Versprechen nicht voll eingelöst zu haben. Und dies, obgleich all das, was sich aus dem Buch, der Ausstellung und aus dem Theaterstück ergab, all die Orte, an denen wir waren und die Veranstaltungen, zu denen es kam, sich wie eine Erfolgsgeschichte liest. Warum dann immer noch das Gefühl, nicht ausreichend genug getan zu haben? Bei solchen Fragen denke ich immer an Flaška. Denn ihrem Herzen ist unser Erinnerungsprojekt entsprungen.
„Flaška - das ist tschechisch für eine Flasche“, erklärte Anna oft, wenn sie auf ihren Spitznamen Flaška angesprochen wurde und fügte, wohl wissend um die deutsche Konnotation des Ausdrucks, lächelnd hinzu. „Ich bin aber keine Flasche. Vielleicht ein kleines Fläschlein, ein Flašticko, wie das im Tschechischen heißt.“
Das Bild einer Flasche mag einem visuellen Menschen dazu dienen, sich Annas Geburtsnamen zu erinnern, gewiss aber nicht dazu, ihr Wesen zu beschreiben. Da heißt es, andere Bilder aufzufahren. Eine sprudelnde Quelle zum Beispiel. Eine Quelle jenseits der von Menschen zerstörten Naturlandschaften. Flaška war eine durchaus quirlige Frau, eine Frau voller Ideen, Unternehmungsgeist, Humor und intuitiver Kraft. Sie liebte Musik. Sie war Pianistin und Sängerin. Musik war ihr Element. Musik war ihr Herz. In der Musik lebte weiter, was sie als Kind erlebte – in Brünn und im Ghetto Theresienstadt. Auch die Etüden von Chopin, die die legendäre Alice Herz-Sommer in Theresienstadt immer wieder spielte, und von denen Flaška rückblickend sagte, dass sie während eines solchen Konzertes den Entschluss fasste, auch Pianistin zu werden.
Wie Alice Herz Sommer wurde Flaška an einem 26. November geboren. Flaška im Jahre 1930. Alice Herz-Sommer 27 Jahre zuvor, 1903. Zum 100. Geburtstag von Alice waren wir bei ihr in London. Flaška bedankte sich bei ihr für „the life-long inspiration“. Es war ein berührender Moment, wie sie vor ihr stand, Alices Hände fest umfasste und ihr von Herzen Dank sagte – festgehalten mit der Kamera und nachzuschauen in einem kleinen Film, den ich damals mit zwei britischen Filmemachern machte in der Absicht, damit einen Dokumentarfilm über „Die Mädchen von Zimmer 28“ auf den Weg zu bringen. Das Filmmaterial mit der wunderbaren Szene beim 100. Geburtstag von Alice ist erhalten; aus dem Dokumentarfilm wurde nichts.
Heute frage ich mich, was aus all dem wurde, was Flaška als moralische Aufgabe empfand – ihre Erlebnisse, Ideale und Werte mit jungen Menschen zu teilen, sie zu wappnen gegen solche Zeiten, wie sie sie erlebte in jungen Jahren, auf dass sie sich nicht wiederholten. Wie oft sagte sie im Gespräch mit jungen Menschen: „Was ist schlecht daran, eine Jüdin zu sein? Bin ich schlecht, weil ich Jüdin bin? Es kommt doch auf den Menschen an; auf das Herz, das da drinnen ist.“
Solche Gedanken waren es, die meine Seele zum Schwingen brachten, und ich glaube auch die der meisten Anwesenden. Wie mit der kleinsten Berührung eine Seifenblase zerplatzt, schien Flaška in solchen Momenten das fatale Konstrukt Antisemitismus zum Zerplatzen gebracht zu haben. Mit einem mal schien Einigkeit darüber zu herrschen: Es handelte sich beim Antisemitismus um ein irreales, längst überwundenes Gebilde, künstlich am Leben gehalten von Vorurteilen und Klischees, die nur deshalb so hartnäckig weiter ihr Unwesen trieben, weil es immer noch Menschen und Mächte gibt, die ihr ganzes Arsenal an manipulativen, intriganten und propagandistischen Methoden aufbringen, um die Menschen für ihre Zwecke und Ziele einzuspannen. Aber im Grunde? Überwunden. Vergangenheit. Schließlich ist Deutschland Weltmeister in der Vergangenheitsbewältigung. Geschichtsaufarbeitung. Erinnerungskultur. Wirklich?
Jedenfalls: Wie von Zauberhand war die Seifenblase verschwunden, die dunkle Wolke Antisemitismus weggeblasen, wenn Flaška sprach. Ihre Botschaft kam an: Es kommt auf den Menschen an, und nicht auf nationale, kulturelle, religiöse, politische oder geschlechtliche Zugehörigkeit; und schon gar nicht dürfen Klischees, Vorurteile, Ideologien und die Politik der Mächtigen dazu führen, Menschen zu verurteilen, sie ihrer Rechte zu berauben, Menschen zu verfolgen, Menschen zu töten, Kriege anzuzetteln.
Möge der „Geist aus der Flasche“, der Geist der geliebten Flaška, lebendig bleiben und seinem innersten Wesen gemäß in Gegenwart und Zukunft weiterwirken.
Als Anna, die von ihren Freundinnen Flaška genannte wurde, am 7. Mai 2014 in Brünn zu Grabe getragen wurde, war ich nicht dabei. Noch heute denke ich mit einer Mischung aus Schuldgefühl, Wehmut und Trauer daran. War es richtig, mit ihrer besten Freundin Helga Kinsky nach Klagenfurt zu fahren, wo man uns an diesem Tag für eine Lesung im Robert-Musil-Institut erwartete? War es richtig, nachzugeben, als mir Helga erklärte, sie könne nicht nach Brünn fahren, es würde ihr das Herz zerreißen und lieber führe sie mit mir nach Klagenfurt?
Helga und ich waren an jenem 7. Mai 2014 in Klagenfurt. Helga las aus ihrem Theresienstädter Tagebuch. Ich verband wie immer bei unseren Lesungen erzählerisch ihre Aufzeichnungen mit dem Geschehen im Zimmer 28 und in Theresienstadt. Natürlich haben wir bei der Reise und bei der Veranstaltung immer an Flaška gedacht; auch bei allen weiteren Veranstaltungen und Gesprächen.
Ohne Flaška, das wissen alle, die um die Anfänge des Projektes wissen, ist das Erinnerungsprojekt mit und über „Die Mädchen von Zimmer 28“ nicht denkbar. Sie ist die Initiatorin und die Seele des Ganzen. Was ich als Autorin hervorgebracht habe – das Buch, die Ausstellung, das Theaterstück, das Room 28 Bildungsprojekt – alles wurde von ihr inspiriert. Von Flaška und ihrem Poesiealbum; von Helga und ihrem Tagebuch. Auch von der Kinderoper Brundibár, die mich auf die Spuren der beiden Freundinnen gebracht hatte.
Damals, 1996, bei unseren ersten Begegnungen und Gesprächen, ist etwas für mich ganz Tiefes und Entscheidendes geschehen; etwas, das mich antrieb, vorantrieb und immer noch vorantreibt - kein Ende in Sicht; und doch ein Ende suchend. Zu viel hat sich in den letzten acht Jahren grundlegend verändert. Eine Transformation ist im Gange.
Sicherlich, das Versprechen, das ich Flaška und Helga vor 26 Jahren gab, dabei zu helfen, ein bleibendes Gedenken zu schaffen, hat mich ständig vorangetrieben, auch dann noch, als das Buch "Die Mädchen von Zimmer 28" im Droemer Verlag erschien und im gleichen Jahr die gleichnamige Ausstellung entstand; auch das Manuskript eines Theaterstücks lag vor, Aufführungen folgten. Trotzdem – bis heute herrscht das Gefühl vor, das Versprechen nicht voll eingelöst zu haben. Und dies, obgleich all das, was sich aus dem Buch, der Ausstellung und aus dem Theaterstück ergab, all die Orte, an denen wir waren und die Veranstaltungen, zu denen es kam, sich wie eine Erfolgsgeschichte liest. Warum dann immer noch das Gefühl, nicht ausreichend genug getan zu haben? Bei solchen Fragen denke ich immer an Flaška. Denn ihrem Herzen ist unser Erinnerungsprojekt entsprungen.
„Flaška - das ist tschechisch für eine Flasche“, erklärte Anna oft, wenn sie auf ihren Spitznamen Flaška angesprochen wurde und fügte, wohl wissend um die deutsche Konnotation des Ausdrucks, lächelnd hinzu. „Ich bin aber keine Flasche. Vielleicht ein kleines Fläschlein, ein Flašticko, wie das im Tschechischen heißt.“
Das Bild einer Flasche mag einem visuellen Menschen dazu dienen, sich Annas Geburtsnamen zu erinnern, gewiss aber nicht dazu, ihr Wesen zu beschreiben. Da heißt es, andere Bilder aufzufahren. Eine sprudelnde Quelle zum Beispiel. Eine Quelle jenseits der von Menschen zerstörten Naturlandschaften. Flaška war eine durchaus quirlige Frau, eine Frau voller Ideen, Unternehmungsgeist, Humor und intuitiver Kraft. Sie liebte Musik. Sie war Pianistin und Sängerin. Musik war ihr Element. Musik war ihr Herz. In der Musik lebte weiter, was sie als Kind erlebte – in Brünn und im Ghetto Theresienstadt. Auch die Etüden von Chopin, die die legendäre Alice Herz-Sommer in Theresienstadt immer wieder spielte, und von denen Flaška rückblickend sagte, dass sie während eines solchen Konzertes den Entschluss fasste, auch Pianistin zu werden.
Wie Alice Herz Sommer wurde Flaška an einem 26. November geboren. Flaška im Jahre 1930. Alice Herz-Sommer 27 Jahre zuvor, 1903. Zum 100. Geburtstag von Alice waren wir bei ihr in London. Flaška bedankte sich bei ihr für „the life-long inspiration“. Es war ein berührender Moment, wie sie vor ihr stand, Alices Hände fest umfasste und ihr von Herzen Dank sagte – festgehalten mit der Kamera und nachzuschauen in einem kleinen Film, den ich damals mit zwei britischen Filmemachern machte in der Absicht, damit einen Dokumentarfilm über „Die Mädchen von Zimmer 28“ auf den Weg zu bringen. Das Filmmaterial mit der wunderbaren Szene beim 100. Geburtstag von Alice ist erhalten; aus dem Dokumentarfilm wurde nichts.
Heute frage ich mich, was aus all dem wurde, was Flaška als moralische Aufgabe empfand – ihre Erlebnisse, Ideale und Werte mit jungen Menschen zu teilen, sie zu wappnen gegen solche Zeiten, wie sie sie erlebte in jungen Jahren, auf dass sie sich nicht wiederholten. Wie oft sagte sie im Gespräch mit jungen Menschen: „Was ist schlecht daran, eine Jüdin zu sein? Bin ich schlecht, weil ich Jüdin bin? Es kommt doch auf den Menschen an; auf das Herz, das da drinnen ist.“
Solche Gedanken waren es, die meine Seele zum Schwingen brachten, und ich glaube auch die der meisten Anwesenden. Wie mit der kleinsten Berührung eine Seifenblase zerplatzt, schien Flaška in solchen Momenten das fatale Konstrukt Antisemitismus zum Zerplatzen gebracht zu haben. Mit einem mal schien Einigkeit darüber zu herrschen: Es handelte sich beim Antisemitismus um ein irreales, längst überwundenes Gebilde, künstlich am Leben gehalten von Vorurteilen und Klischees, die nur deshalb so hartnäckig weiter ihr Unwesen trieben, weil es immer noch Menschen und Mächte gibt, die ihr ganzes Arsenal an manipulativen, intriganten und propagandistischen Methoden aufbringen, um die Menschen für ihre Zwecke und Ziele einzuspannen. Aber im Grunde? Überwunden. Vergangenheit. Schließlich ist Deutschland Weltmeister in der Vergangenheitsbewältigung. Geschichtsaufarbeitung. Erinnerungskultur. Wirklich?
Jedenfalls: Wie von Zauberhand war die Seifenblase verschwunden, die dunkle Wolke Antisemitismus weggeblasen, wenn Flaška sprach. Ihre Botschaft kam an: Es kommt auf den Menschen an, und nicht auf nationale, kulturelle, religiöse, politische oder geschlechtliche Zugehörigkeit; und schon gar nicht dürfen Klischees, Vorurteile, Ideologien und die Politik der Mächtigen dazu führen, Menschen zu verurteilen, sie ihrer Rechte zu berauben, Menschen zu verfolgen, Menschen zu töten, Kriege anzuzetteln.
Eine lange Zeitlang glaubte ich an die Bedeutung unserer gemeinsamen Erinnerungsarbeit. Flaškas Wunsch deckte sich mit dem meinen. Nie wieder Holocaust. Nie wieder Krieg. Nie wieder Völkermord. Wir traten dafür ein, uns auf die eigentlichen Werte zu besinnen. Für eine bessere Zukunft anzutreten, für die Bedeutung der Kunst, Kultur, Kreativität eine Lanze zu brechen. Auch für die globale Etablierung der Menschenrechte. Wie sonst ist ein Weiterleben der Menschheit auf dieser Erde überhaupt denkbar? Ihre Freundin Handa hat es in ihren Zeilen zum Krieg auf den Punkt gebracht. Das Gedicht steht im vorletzten Blogeintrag.
Flaška und Helga, ihr fehlt mir!
Und mit euch alle, die unser Erinnerungsprojekt mitgetragen haben. Ich werde unsere gemeinsame Zeit niemals vergessen; und vielleicht immer den winzigen Funken Hoffnung auf eine bessere Welt in mir tragen, den ihr in mir angefacht habt, vermittels Eurer schrecklichen Erfahrungen; aber auch kraft eurer großen Hoffnungen, Eurer Liebe.
„Botschaften der Mädchen von Zimmer 28“ – so lautete unsere Veranstaltung, die wir in der Botschaft der Tschechischen Republik am 25. Januar dieses Jahres durchführten. „Botschaften der Mädchen von Zimmer 28“ ist der Titel eines neuen Ausstellungselements, ein Rollup zum Poesiealbum von Flaška. Rechtzeitig zur Ausstellung in Heide, ein Kooperationsprojekt des Vereins Room 28 e.V. mit dem Gymnasium Heide-Ost, konnte ich es dank einer Spende herstellen. Am 10. Juni wird die Ausstllung eröffnet.
Blog von Hannelore Brenner

Sie war die Seele unseres Erinnerungsprojektes: Anna Hanusová, geb. Flachová, unsere "Flaška", hat gemeinsam mit ihrer Freundin Helga Pollak-Kinsky das Erinnerungsprojekt ins Leben gerufen. Und sie organisierte die ersten Treffen in Spindlermühle ab September 1998. Was waren dies für unvergessliche Jahre !!! Angeregt dazu haben Helgas Tagebuch und Flaškas Poesiealbum und der Wunsch, gemeinsam an die Freundinnen zu erinnern, die mit ihnen im Zimmer 28 lebten bis sie auf Transport gehen mussten. Die meistenn sind in Auschwitz oder in Bergen-Belsen umgekommen. Vom Schicksal dieser Mädchen erzählt das Buch und die Ausstellung "Die Mädchen von Zimmer 28". Für ihr außerordentliches Engagement, vor allem im Dialog mit jungen Menschen, wurde sie am 5. Juni 2013 mit dem Bundesverdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet. Der Festakt fand in der Deutschen Botschaft in Prag im kleinen Kreis statt. Flaška war voller Herzlichkeit, Humor, überschäumender Vitalität. Am 30. April 2014 hat uns Anna Hanusová verlassen. Ich werde sie nie vergessen. Die Liebe, die sie verströmte, lebt und wirkt weiter.

Fünf Jahre ist es her. Am Morgen des 14. November 2020 erfuhr ich von Helgas Sohn Eric, was in der Nacht vom 13. auf den 14. November geschehen war. Absolut unerwartet. Plötzlich. Helga war von uns gegangen. Erschütterung. Da brach etwas zusammen. Sie ist mir doch so nah – auch heute noch! Wie die Zeit vergeht. Wie viele Jahre haben wir uns gekannt seit jenem Tag im September 1996 in Prag, als ich Helga zum ersten Mal traf, auch ihre Freundin Flaška? Als ich kurz darauf nach Brünn und dann nach Wien fuhr und eine Reise begann, die für mich noch immer andauert, eine Reise, die kein Ende zu kennen scheint und weitergeht, auch jetzt noch, 29 Jahre später... Was ist da geschehen? Was haben wir gemeinsam erlebt in all den Jahren, in denen wir uns verbündeten, um ein bleibendes Gedenken zu schaffen? Was ist daraus geworden? Was ist davon geblieben? Ich denke an die jährlichen Treffen in Spindlermühle im Riesengebirge ab 1998. An die ersten vom Droemer Verlag organisierten Präsentationen des Buches Die Mädchen von Zimmer 28 mit dir und Flaška – in Leipzig, Berlin, Frankfurt und München. An die Ausstellungseröffnung im September 2004 in Schwerin und die vielen Einladungen, die folgten. Lesungen. Brundibár-Aufführungen. Zeitzeugengespräche. Gedenkveranstaltungen. Schulbesuche. Projekte. Und immer wieder Ausstellungen. Und viele viele Reisen.

Mit Entsetzen verfolge ich das Zeitgeschehen. Furchtbar und unfassbar das Massaker der Hamas am 7. Oktober 2023. Furchtbar und unfassbar, was danach geschah und bis heute geschieht. Islamisch geprägter Antisemitismus und Antizionismus verbinden sich seither in Deutschland, Europa und weltweit mit Antisemitismus aller Couleurs zu einem giftigen explosiven Gemisch, das sich die Zerstörung Israels auf die Fahne geschrieben hat. Gewiss: Zwischen diesem "giftigen Gemisch" und Kritik an Netanjahus Antwort auf das Massaker vom 7. Oktober muss unterschieden werden. Was die in Israel lebende letzte Zeitzeugin der Gruppe der "Mädchen von Zimmer 28" Handa Drori über das Ziel unseres Erinnerungsprojektes schrieb, ist nicht nur an die Deutschen gerichtet. Als eines der Mädchen vom ‚Achtundzwanziger‘– so haben wir damals unser Zimmer genannt – hoffe ich, dass unser Projekt sein Ziel erreicht. Für uns ist dies aus zwei Gründen wichtig: Zum einen, damit die Mädchen, die mit uns im Zimmer 28 gelebt haben und aus den Konzentrationslagern nicht zurück gekommen sind, nicht vergessen werden. Zum anderen als Mahnung für die nächsten Generationen und als Beispiel dafür, wie leicht ein neuer Holocaust geschehen könnte, wenn gutwillige Menschen zu gleichgültig sind und es hasserfüllten Fanatikern erlauben, an die Macht zu kommen. Keiner meiner israelischen Freunde jubelt über die Politik Netanjahus. Es herrscht Fassungslosigkeit und Ratlosigkeit, es gibt Proteste, Demonstrationen, Widerstand. Sie wünschen sich nur eines: Dass die Geiseln befreit werden, dass der Krieg zu Ende geht und endlich Frieden einkehrt - für alle. Den Weg dorthin, wer kennt ihn? Furchtbar und unfassbar, dass der mörderische Hass und Terror der Hamas weltweit so viel Zuspruch findet und in der Mitte unserer Gesellschaft angekommen ist, sie radikalisiert und aus den Angeln zu heben droht. Die Feinde Israels schüren das Feuer, machen jüdische Menschen auf der ganzen Welt dafür verantwortlich, dass es zu einem schrecklichen Krieg in Gaza kam. Niemand hat nach 7. Oktober pauschal PalästinenserInnen oder Menschen mit Wurzeln in Palästina, ob sie nun einen deutschen, französischen oder amerikanischen Pass haben, für das Massaker am 7. Oktober 2023 verantwortlich gemacht. Da bleibt die kollektive Schuldzuweisung, die Sippenhaft aus. Es gibt keinen "Anti-Palästinenzismus". Aber Antisemitismus gibt es. Immer noch. Auch in Deutschland - trotz gründlicher deutscher Aufarbeitung der Geschichte. Trotz gründlicher gut gemeinter Holocaust-Erinnerungskultur. In Sorge denke ich an meine jungen jüdischen Freunde, die in Deutschland leben. Und ich denke an "Die Mädchen von Zimmer 28"- wie würde es ihnen heute ergehen? Was würden sie mir sagen???? Ich höre ihre Stimmen, es wühlt mich auf... Und schmerzt mich zu Tränen.

Die Edition Room 28 und der Verein Room 28 haben aktuell eine Projekt-Partnerschaft mit der J-Arteck Jugendbildungsstätte in Berlin. Das Projekt ist mit unserem Brundibár. Lese- und Geschenkprojekt für Kinder verbunden, über das der Generalmusikdirektor der Bayerischen Staatsoper in München und Chefdirigent & Künstlerischer Leiter des Rundfunk-Sinfonieorchesters Berlin (RSB) Vladimir Jurowski die Schirmherrschaft übernommen hat. Die hebräische und ukrainische Ausgabe des Kinderbuches Brundibár. Wie Aninka und Pepíček den Leierkastenmann besiegten gaben den Anlass dafür, dass das Thema "Brundibár" für das diesjährige Kreativ-Summer Camp aufgegriffen wurde und im Mittelpunkt stehen wird. Denn bei diesem Camp unter dem Motto " Discover. Create. Perform" nehmen immer auch israelische und ukrainische Jugendliche teil. Diese können erstmals die Geschichte, die der Kinderoper zugrundeliegt, in ihrer Sprache lesen. Vom 5.- 8. Juli 2025 findet im Domizil der J-Arteck-Jugendbildungsstätte in Berlin eine vorbereitende Konferenz zum diesjährigen internationalen Summer Camp (11.-19. August) statt. Das Resultat der Workshops (Theater, Musik, Gesang, Bildende Kunst etc.) ist eine gemeinsame Performance, die am 18. August 2025 öffentlich in Berlin gezeigt wird. Zu dieser Konferenz laden wir, Room 28 e.V., den Opernregisseur Mstislav Pentkovsky aus Riga nach Berlin ein. Er inspirierte zur ukrainischen und hebräischen Ausgabe des Kinderbuches und zu unserem Geschenkprojekt. Dass wir diese Idee umsetzen konnten, ist dem Auswärtigen Amt zu danken, das die Produktion dieser beiden Ausgaben unterstützte. Warum? Weil Freundschaft, Gerechtigkeit, Menschlichkeit und Solidarität die Quelle unserer Kraft ist. Und weil wir die Bücher im Zeichen der Solidarität im Rahmen von Veranstaltungen verschenken. Link zur J-Arteck-Jugendbildungsstätte und dem Summer-Camp 2025 Link zu unserem Brundibár-Projekt: www.room28.net/brundibar Gemeinsam mit Mstislav Pentkovsky stelle ich den internationalen TeilnehmerInnen der Konferenz die Kinderoper Brundibár , die Geschichte der ersten Aufführungen in Prag und Theresienstadt und das Brundibár-Kinderbuch vor; auch die Neuausgabe des alten Buches Die Mädchen von Zimmer 28. Denn die Geschichte dieser Mädchen ist auch die Geschichte der ersten Aufführungen von Brundibár im Ghetto Theresienstadt.

5. Juni 2025. Erschienen! Eine Freundschaft, die den Holocaust überdauerte, ein Zeugnis menschlicher Stärke und ein Vermächtnis, das nicht vergessen werden darf: Das Buch "Die Mädchen von Zimmer 28" kehrt in einer umfassend überarbeiteten und erweiterten Neuausgabe zurück. Es erzählt die bewegende Geschichte einer Gruppe jüdischer Kinder, die im Ghetto Theresienstadt zwischen 1942 und 1944 im Zimmer 28 des Mädchenheims L 410 zusammenlebten und zusammenhielten.

Heute am 28. Mai ist Helgas Geburtstag. Sie wäre 95 Jahre geworden. Ich denke sehr an sie, täglich, aber besonders heute. Denn an ihrem Geburtstag sollte ihr zu Ehren die Neuausgabe des Buches Die Mädchen von Zimmer 28 erscheinen. Leider, die Bücher sind noch bei der Druckerei, sie werden in wenigen Tagen ausgeliefert. Ich hätte Helga so gerne als erste ein Buch übergeben! Aber das ist nicht möglich. Sie ist vor fünf Jahren ganz plötzlich von uns gegangen. Unzählige Lesungen habe ich mit ihr seit 2004 an vielen Orten durchgeführt. Ich höre ihre Stimme, höre sie aus ihrem Tagebuch lesen und von ihren Freundinnen erzählen. Unsere Lesungen waren getragen von einem großen Freundeskreis, und einer großen Kraft. Heute undenkbar, denke ich. Die Zeiten haben sich grundlegend verändert. Skepsis und immer wieder Entsetzen ist dem Geist gewichen, der uns früher zu vielen Unternehmungen beflügelte. Schiller kommt mir in den Sinn. "Er ist dahin, der süße Glaube... der rauhen Wirklichkeit zum Raube..." und ich frage mich: Wenn ich schon am Zustand der Welt leide und verzweifle, um wie viel mehr würde Helga heute darunter leiden, verzweifeln????

Today I read a text on Linkedin. It was about wonderful Alice Herz-Sommer , the pianist, and it struck a chord in my heart, bringing back memories, especially of my my first visit to her in London. At that time, in 1996, I was working on a radio documentary about the children's opera "Brundibár" in Theresienstadt. I asked Alice for an interview and flew from Berlin to London to meet her. I sat with her, captivated by her engaging friendliness, openness, clarity of spirit, determination, and warmth. I was overwhelmed. I returned home feeling that I had experienced something unforgettable, something that will have a lasting impact on me. And it did. As part of my research into "Brundibár" in Theresienstadt, I met, I am grateful to say, some very wonderful people, survivors of the Holocaust, who would become very important to me both professionally and personally. What was so special about Alice was her curiosity, her sincere interest in her counterpart. During our conversation, she changed my journalistic approach and instead of me interviewing her, she started to inquire more and more about me, my life, my family, my daughter. I was deeply touched. Returning home, my soul vibrated with positive energy, or, what comes closer to the truth: It was filled with love. Yes, the author of the Linkedin text about Alice Herz-Sommer is right with every word: "Alice's life stands as as a powerful testament to the resilience of the human spirit - and to the profound, life-saving power of music in the face of unimaginable horror." She was a gifted pianist. And a truly exceptional strong, wonderful woman. There was but one thing that made me crinch - the KI created photo. omn LinkedIn. This prompted me to write this text. With it I feel, of course, compelled to draw your attention to the forthcoming new edition of the book "The Girls of Room 28" in which Alice tells about her son playing in the opera Brundibár, or what happened on November 11, 1943 when all ghetto-inmates had to gather in the "Kotlina" outside the ghetto. Alice also played a very special role in the life of one of the girls of Room 28, Anna Flachová, who has become a pianist because she heard Alice playing all the edudes of Chopin in the ghetto. I will never forget how Alice told me why and when she started to play these etudes in Prague, and never forget Alice's 100th birthday - I write about it in this BLOG: Flaska und Alice zum Gedenken You can hear Alices's voice, and see a photo with her and her son Raphael, on this menue of the website: Brundibár und die Mädchen von Zimmer 28 - Yes, to put a long story short: The author of the Linkin text isabsolutely right and I gladly and gratefully share his words: "Alice Herz-Sommer didn’t just survive the Holocaust—she transcended it through art, kindness, and unshakable hope. Her legacy continues to remind us that even in the bleakest places, beauty and spirit can still endure."

Eine Freundschaft, die den Holocaust überdauerte, ein Zeugnis menschlicher Stärke und ein Vermächtnis, das nicht vergessen werden darf: Das Buch » Die Mädchen von Zimmer 28 « erzählt die bewegende Geschichte jüdischer Kinder, die im Ghetto Theresienstadt zusammenlebten und zusammenhielten. Es erzählt auch von den ersten Aufführungen der Kinderoper »Brundibár« in Theresienstadt. – Ein Buch gegen Geschichtsvergessenheit und Antisemitismus und ein Plädoyer für Kunst, Kultur und Erziehung zur Menschlichkeit.

The story of the betrayal of European democracy by Trump & consorts, the perfidious attempt by Trump & Vance to blackmail the most courageous president I have ever seen in my life, marks – what? The downfall of the Western world? The decline of the US? The beginning of a new era of determined Democrats and a United Europe – or the contrary? An American movement strong enough to stop the monstrous ghosts – or the contrary? I do not know. However, what I have seen end of February was the dirtiest show that has ever been performed in the White House’s Oval Office in front of running cameras and direct worldwide transmission. Some say that Trump and consorts deliberately set up a trap for Selensky to get what they wanted and, if it didn't work, to expose their guest to ridicule and even accusations of being responsible for World War III. What a cynical outrageous allegation. I certainly wished Selensky would not have gone alone into the cave of the lion but with a strong European ally. Nonetheless, Selensky did not fall into a trap. He unmasked the trap and the trappers. I highly appreciate Selensky for being faithful to himself, to his country, to his allies and friends, and for his courage. Last year I published a book about the time before "The Girls of Room 28" were deported to the Theresienstadt ghetto. I wanted to shed light on the Historical Context of their childhood biographies and got increasingly caught up in the events in 1938/1939 in their homelands, Czechoslovakia, which I described in particular detail and vividly. The book is written mainly for teachers and students as part of the Room 28 Educational Project . I put words from Tomáš G. Masaryk , President of Czechoslovakia from 1918-1935 at the beginning of the book, as I realized the parallels with today: “I am a firm pacifist. (...) If I want peace, it does not mean that I would accept an attack without defending myself. On the contrary. I want peace in a practical, not utopian way: which means that in order to preserve peace, I summon all the forces of sagacity and love for the nation and humanity, but if necessary, all forces of defense." Source: Karel Čapek: Masaryk erzählt sein Leben. Gespräche mit Masaryk.

Mir ist, als ob die Vergangenheit, in die ich ab 1996 eingetaucht bin, um die Geschichte der "Mädchen von Zimmer 28" zu erzählen, als Gegenwart gewaltig wie ein Tsunami über mich hereinbricht. Und ich werde gewahr: Nichts hat sich seit 1945 in Deutschland und auf der Welt geändert - auf der einen Seite die Skrupellosen, denen es nur um Macht und ums eigene Ego geht, auf der anderen Seite Menschen, die sich als soziales Wesen begreifen, in denen ein menschliches Herz schlägt. Wie war das damals, 1938, als die Tschechoslowakei von seinen Verbündeten verlassen und verraten wurde? - Wer Geschichte kennt, weiß, was daraus folgte. Thomas Mann. Dieser Friede, 1938 " Die Geschichte des Verrats der europäischen Demokratie an der Tchechoslowakischen Republik , der Darbringung dieses der Demokratie verbundenen und auf sie vertrauenden Staates an den Fascismus, um ihn zu retten, ihn dauernd zu befestigen und sich seiner als eines Landsknechtes gegen Rußland und den Sozialismus zu bedienen, – diese Geschichte gehört zu den schmutzigsten Stücken, die je gespielt worden sind. (…) Erbarmungslos, ungerührt, von zehntausendfachem Menschenelend, von dem Seelenzustand einer tapferen und gläubigen Nation, die für ihre Freiheit und für die Freiheit überhaupt zu kämpfen bereit gewesen war, und von dem Schicksal des deutschen Volkes selbst, seiner geistigen und moralischen Zukunft, wurde dem Gestapo-Staat ein ungeheurer, ihn auf unabsehbare Zeit befestigender Erfolg zugeschanzt, die demokratische Festung im Osten, die Tschechoslowakische Republik vernichtet und bewusst zu einem geistig gebrochenen Anhängsel des Nationalsozialismus gemacht, die kontinentale Hegemonie Hitler-Deutschlands besiegelt, Europa in die Sklaverei verkauft. Das Entgelt war dieser Friede. (...) Wahrheit und Vernunft mögen im Äußersten unterdrückt sein für eine schwarze Weile - in uns bleiben sie ewig frei (...) im sicheren Bunde mit allen Besten.
