Am 26. November 1930, heute vor 91 Jahren, wurde Anna Flachová als jüngstes Kind von Leo und Elisabeth Flach, geborene Kober, geboren. Ab Februar 1937 lebte die Familie in Brünn. Dort erhielt Anna ihren ersten Klavierunterricht und besuchte mit ihrer Schwester Alice die renommierte Ballettschule von Ivo Váňa-Psota. Ein Jahr später nahm sie ihren ersten Gesangsunterricht – bei einem der größten Meister seines Fachs, Professor Sigmund Auspitzer, einst Lehrer von Maria Jeritza, dem weltberühmten Opernstar aus Brünn.
Nachdem die Deutschen am 15. März 1939 in Brünn einmarschiert waren, wurde das Geschäft ihres Vaters unter die Aufsicht zweier ‚arischer Treuhänder‘ gestellt. Seit dieser Zeit nahmen die Feindseligkeiten zu und ein unerfreuliches Erlebnis folgte auf das andere.
Einmal gingen zwei Deutsche in Uniform an mir vorbei und ich sah, wie einer auf mich zeigte und hörte ihn zum anderen sagen: "So ein schönes Mädchen. Nur schade, dass sie eine Jüdin ist."
Das war furchtbar, sagte Anna, die von ihren Freunden Flaška genannt wurde, Jahre später. Was ist schlecht daran, eine Jüdin zu sein? Noch jetzt habe ich dasselbe starke, bittere Gefühl in mir, wenn ich daran zurückdenke. Oder wenn ich antisemitische Äußerungen höre. Das trifft mich zutiefst. Stärker als Hunger und andere Beschränkungen und Verbote war dieser Hass, der uns entgegenschlug, die ungerechtfertigte Erniedrigung, der wir ausgesetzt waren. Das bleibt ein ganzes Leben.
Der 26. November 1941 kam, Flaškas 11. Geburtstag. Und mit ihm die Aufforderung zur ‚Einreihung in den Transport‘. Das war mein Geburtstagsgeschenk! Ich sehe noch, wie meinem Vater die Tränen kamen. Es war das erste Mal, dass ich ihn weinen sah.
Drei Tage später machte sich die Familie auf zur Sammelstelle. Von dort ging es weiter. Es war der erste Familientransport aus Brünn. Er traf am 2. Dezember 1941 in Theresienstadt ein. Flaška gehörte zu den ersten Kindern im Ghetto.
Anna Hanusová, geb. Flachová (1930-2014)
Anna Hanusová, unsere geliebte Flaška, hat uns bereits am 30. April 2014 verlassen. Sie ist die Seele des Projektes mit und über "Die Mädchen von Zimmer 28". Ihr Poesiealbum und das Tagebuch ihrer Freundin Helga Pollak standen am Anfang unseres Holocaust-Erinnerungsprojekts. Wie viel ist seit 1996, seitdem wir uns zum ersten Mal in Prag und kurz darauf in Brünn trafen, geschehen. Ich verdanke Flaška unendlich Vieles. Und ich weiß: Tausende Menschen, vor allem auch junge Menschen, die Flaška erlebten in den Jahren, die auf das Buch und die Austellung "Die Mädchen von Zimmer 28" (2004) folgten, wird sie unvergeßlich bleiben.