Meine erste Begegnung mit Zvi Cohen ist mir in lebhafter Erinnerung. Es war im Rahmen des Internationalen Festivals "Verfemte Musik" der Jeunesses Musicales Mecklenburg-Vorpommern im September 2002 in Schwerin. Ich schrieb damals am Buch, das 2004 im Droemer Verlag unter dem Titel "Die Mädchen von Zimmer 28"
erschien. Unvergesslich bleibt mir, wie mir Zvi, der am 21. Mai 1931, also heute vor 90 Jahren in Berlin geboren wurde,
seine Geschichte erzählte, allen voran die Geschichte mit seiner Mundharmonika und der Gestapo in Berlin. Darüber gibt es jetzt das Buch "Der Junge mit der Mundharmonika". Ich übernahm für die dokumentarische Erzählung, an der ich damals schrieb, eine andere seiner Schilderungen, nämlich die von der Urne seiner Großeltern. Immer muss ich daran denken, wenn ich Terezin besuche und an der Eger vorbeikomme. Ich weiß von manchen Leser*innen, dass auch sie von dieser Schilderung berührt wurden. Daher folgt im Anschluss dieser Ausschnitt aus dem Buch. Ich möchte damit auch Zvi Cohen für seine so engagierte Zeitzeugenschaft danken! Ich weiß, er hat unermesslich viel dazu beigetragen, die Erinnerung wachzuhalten. Dafür ganz großen Dank! Aber vor allem möchte ich heute dem lieben Zvi, den ich seither immer wieder getroffen und auch in Israel besucht habe, ganz herzlich zum Geburtstag gratulieren!
Happy Birthday, lieber Zvi! Bleib so erfrischend vital und humorvoll, wie ich dich so oft erlebt habe! Auch damals 2014 in Friedrichshafen, als wir beim Amateurtheaterfestival am See zu Gast waren - zusammen mit Helga Pollak-Kinsky, Judith Rosenzweig, Hanuš Hron. Drei Fotos sollen dich an diese schönen Tage am Bodensee erinnern. Alles Liebe!
AUSZUG
aus dem Buch Die Mädchen von Zimmer 28.
Freundschaft. Hoffnung und Überleben in Theresienstadt. von Hannelore Brenner-Wonschick.
Droemer Verlag 2004, Seite 318-319
Horst Cohn hatte seine Großeltern, Gustav und Ettel Heller, als er im Mai 1943 nach Theresienstadt gekommen war, auf der letzten Stufe des Verhungerns vorgefunden. Sie hatten ihn um Essen angefleht, und er hatte ihnen nicht helfen können. Wenige Tage später waren sie beide, am gleichen Tag, in verschiedenen Krankenzimmern, gestorben. Ihr Enkel war schockiert und zugleich erleichtert gewesen. "Denn nun waren sie erlöst von der Qual des Hungers. Es ist eine der größten Qualen, die der Mensch haben kann." Er erzählt:
Ich habe die beiden Schachteln gegriffen, habe Oma und Opa unter meine Arme genommen, und die anderen Schachteln immer so auf die Karre draußen aufgeladen, dass ich die beiden Schachteln nicht verlor. Keiner hat ein Wort dazu gesagt. Kein anderes Kind hat sich um die Namen gekümmert.
Dann wurde die Karre in Bewegung gesetzt, und ich habe mitgezogen, die beiden Schachteln fest unter meinen Armen. Dann kamen wir zur Eger. Dort wurde uns befohlen, die Schachteln zu öffnen und die Asche in den Fluss zu schütten. Wir haben eine Kette gebildet und die Urnen von Hand zu Hand weitergereicht. Aber ich stand unten am Fluss und habe die Asche von meinem Opa und meiner Oma eigenhändig in die Eger geschüttet. Darüber bin ich froh. Ich habe sie eigenhändig begraben. Und ich habe gesehen, wie die Asche von so vielen Schachteln sich auf dem Fluss ausbreitete, wie sie mit dem Fluss fortschwamm. Und die Eger fließt in die Elbe, und die Elbe fließt in die Nordsee, und die Nordsee vermischt sich mit allen Ozeanen der Welt. Und ich weiß, Oma und Opa umkreisen immer, immer die ganze Welt. Sie sind da. Für mich sind sie immer da. Dieser Platz, wo ich die Asche in den Fluss geschüttet habe, das ist für mich wie der Friedhof meiner Großeltern.